Vorgestellt: Bäckerei Gnauck, Ottendorf-Okrilla

Bäcker Auslage in Ottendorf bei Dresden: frische Baguette, Fougasse

Auslage der Bäckerei Gnauck in Ottendorf-Okrilla bei Dresden: diverse Sorten Baguette, Fougasse

Wo Backmischungen und Tiefkühlteiglinge keine Chance haben, neue Rezepte aber jeden Tag ausprobiert werden…

Ein nächtlicher Besuch an einem Freitag im Juni 2018 in Ottendorf-Okrilla, knapp 20 km nördlich von Dresden.

Marlon Gnauck –so der Name des Herren der Backstube- hatte mich eingeladen. Ich sollte mit eigenen Augen sehen, dass Bäcker wirklich zu nachtschlafender Zeit arbeiten und wie sich gereifter Teig anfühlt, riecht und schmeckt. Ganz nebenbei erfuhr ich, dass Transparenz bei den Zutaten und auch sonst bei der Arbeit und den Produkten keine Zauberei ist.

Chronologie eines Morgens bei einem „Echten Bäcker“

Alle Zeiten sind urlaubsbedingt und wegen eines immer und überall im Wege stehenden Gastes um ca. 30 min später als normal.

Wie kam es zum „Echten Bäcker“?

Schon als Bäcker Gnauck den Betrieb seines Vaters übernehmen sollte, war klar: es muss sich etwas ändern. Vor nunmehr 16 Jahren war das Lager gefüllt mit diversen farbenfrohen Säcken und sonstigen Behältnissen, deren Inhaltsstoffe DIN A4-Seiten füllten.

Bereits damals zeichnete sich die Konkurrenz im Kampf um den Kunden ab. Supermärkte und Brötchenaufbackautomaten schossen an jeder Ecke aus der Erde. Wie sollte ein handwerklich arbeitender Bäcker mit diesen Discounter-Preisen und der Angebotsbreite mithalten?

Darüber, wie das Bäckerhandwerk diesen Wettbewerbsdruck überstehen kann, gab und gibt es in der Bäckerinnung verschiedene Ansichten. Die Einen versuchen über Optimierung des Zutaten-Einkaufes und gleichzeitige Vereinfachung/Rationalisierung in der Produktion an der Schraube der Herstellungskosten zu drehen. Dafür mussten die Mehltüten durch Backmischungen ersetzt und neue Tiefkühlräume für die zugekauften Teiglinge angeschafft werden. Selbstausbeutung für billigere Backwaren ist auch kein unbekannter Begriff unter Bäckern –nicht nur- im Raum Dresden.

Quo vadis, Bäckerhandwerk in Ottendorf?

echter Bäcker Gnauck aus Ottendorf Okrilla bei Dresden

Rebell an den Ofenhebeln: Echter Bäcker aus Ottendorf Okrilla

Marlon Gnauck ging seinen eigenen Weg. Geschmacksvielfalt, Kreativität und vor allen hochwertige, regionale Zutaten sollten die Kunden anlocken und nicht wieder weglassen. Sein Ziel ist, sich in mindestens 10 Punkten von den Mitbewerbern abzusetzen. Dabei zählt als Mitbewerber nicht nur der Discounter, sondern auch jeder andere handwerklich arbeitende Bäcker.

Gute Bäckereiprodukte, bei denen er sich auch nicht scheut, ihre hochwertigen Inhaltsstoffe zu bewerben, sind sein Markenzeichen.

Er liebt seine Wilde Hefe, seine blubbernden Sauerteige und die Geschmacksvielfalt, die ein langer Reifeprozess aus seinen Teigansätzen herauskitzelt. Oft hatte ich in seiner Backstube den Eindruck, dass echtes Bäckerhandwerk viel mit Käseherstellung oder Winzerei zu tun hat. Nur die Zeit enthüllt die Aromen, die wirklich im Mehl stecken.

Herr Gnauck wertschätzt seine Backzutaten und die Liebe, die alle Mitarbeiter in seiner Backstube in seine Produkte stecken. Am Ende stehen Backwaren, die die Sinne der Kunden betören sollen. Sie sind mehr als „nur“ Lebensmittel, es sind Geschmacks-Luxusartikel.

Welche Rolle spielen die Bäckerei-Kunden?

Was ihm aber noch mehr Spaß macht, als wunderbar gebräunte Brote und Brötchen aus dem Ofen zu ziehen, ist die Liebe und das Vertrauen, das seine Kunden ihm und seinen regionalen Bäckereiprodukten entgegenbringen. Wenn es nach ihm geht, müssen seine Kunden davon –im positiven Sinne- regelrecht abhängig sein.

Wenn die Zufahrtsstraße zur irgendeinem Laden wegen Bauarbeiten zumindest aus einer Richtung gesperrt wäre, schlügen viele Ladeninhaber die Hände über dem Kopf zusammen und barmten: „Wie soll ich das nur überleben?“

Für Bäcker Gnauck wäre das die Nagelprobe. Wenn jetzt seine Kunden keinen Umweg fahren würden, um an seine Backwaren zu kommen, hätte er etwas falsch gemacht. Nach meinem Besuch glaube ich, dass seine Kunden per Anhalter mit dem Traktor quer übers Feld fahren würden, wenn alle Straßen zur Bäckerei gesperrt wären.

Mischbrot und kleine Brötchen in Ottendorf-Okrilla, oder?!

Zugegebenermaßen war ich überrascht, was in diesem doch nicht allzu großen Ottendorf-Okrilla von den Kunden alles mit offenen Geschmackssinnen angenommen wurde. Mir kam sofort der blöde Spruch „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“ in den Sinn. Aus irgendeinem Grund scheint das auf Ottendorf nicht zuzutreffen oder die Bäckerei Gnauck hat in den „Bauern“ eine Neugier auf neue Geschmackserfahrungen entfacht. Trotz der Beschränktheit bei Backstubengröße, Angestelltenanzahl und Lage gibt es hier gefühlt mehr interessante Backwaren zu kaufen, als bei manchem Bäcker in Dresden.

Totale Transparenz im Lager der Bäckerei

Lagerraum des Bäckers in Dresden nur Mehl ohne Backmischungen ohne Teiglinge

Lager der Bäckerei Gnauck

Nachdem die Brötchen und Brote für den laufenden Tag gebacken waren, zeigte mir Bäcker Gnauck sein Allerheiligstes: das Zutaten-Lager. Ich glaube nicht, dass viele Bäcker dieses Level an Transparenz ihren Kunden gegenüber zulassen würden. Haben doch die Meisten etwas im Lager, worauf sie nicht sonderlich stolz sind.
Was gab es im Lager zu sehen? Mehl. 12 Sorten: Weizen-, Dinkel- und Roggenmehl in diversen Typen. Natürlich sind dort z.B. auch Kürbiskerne, Orangeat und Hefeblöcke zu finden.

Ganz nebenbei habe ich auch wieder etwas dazugelernt: Oder wussten Sie, was z.B. die Mehltype 405 bedeutet? Diese Typennummer gibt die Menge an Asche (mg / 100g Mehl) an, die nach dem Verbrennen von 100 g Mehl übrig bleibt. Die Asche besteht aus den im Mehl enthaltenen Mineralien. Die meisten Mineralien stecken ganz außen direkt unter der Schale des Getreidekorns und im Keim. Je mehr also das Korn vor dem Mahlen geschält und wenn der Keim entfernt wurde, umso kleiner wird diese Type-Zahl ausfallen. Vollkornmehle haben demzufolge die höchsten Type-Zahlen.   Mehr dazu.

Nach dem Backen ist vor dem Backen

Wieder zurück in der Backstube ging es an die Vorbereitung der Teige für den nächsten Tag. 20 Stunden reift bei Gnauck ein guter Teig in der Kühlzelle.

Täglich mindestens 4 Brotteige und zusätzlich freitags und samstags 6 verschiedene Baguetteteige müssen angesetzt werden.

8:42 Uhr: Zeit, den Verkaufsraum der Bäckerei Gnauck zu inspizieren

Verkaufsraum der Bäckerei Gnauck bei Dresden

Leckere Backwaren zusammen mit einem freundlichen Lächeln gibt es ab 5 Uhr.

Haben die Kunden, die teilweise schon um 4:45 Uhr Hunger auf ofenwarme Brötchen haben, noch etwas übrig gelassen? Die Auslage ist schon etwas gelichtet, aber immer noch farbenfroh und vielfältig. Von Gelb über Rot bis hin zu Grün und Schwarz sind alle Farben und viele Kontinente vertreten. Ein eigentlich geplantes Schwarz-Rot-Goldenes Deutschlandbrot musste aus bekannten WM-fußballerischen Gründen kurzfristig aus dem Angebot genommen werden.

Hier lernt man, dass das Käsebrötchen mancher Konkurrenz oft nur den Namen mit dem vom „Echten Bäcker“ gemein hat.

Ob französische, deutsche, italienische oder afrikanische Backspezialitäten, immer gibt es etwas Neues zu entdecken.

Blühende Radeberger Straße: Ottendorfer Straßenfest am 8. Juli 2018

Direkt an der Bäckerei Gnauck gibt es beim Straßenfest ein Straßencafé und eine Brotverkostung.

Mehr Infos zum Straßenfest, bei dem Anwohner und der Heimatverein eine blühende Radeberger Straße gestalten, gibt es leider nur im analogen Amtsblatt.

Kontakt Konditorei & Bäckerei Gnauck

Adresse: Radeberger Str. 51, 01458 Ottendorf-Okrilla,

Telefon +49 35205 54693

Internet: https://www.stollen24.com/

E-Mail

Bäckerei Gnauck auf der schmecktHier Karte finden

Übersicht der Bäcker in Dresden

Werbung | Bäckerei Gnauck. Info zu Werbung auf schmeckt Hier.