Sächsische Quarkkeulchen – auf der Suche nach dem besten Rezept
Ein vollkommen subjektiver Vergleich verschiedener Quarkkeulchen Rezepte, um die beste kleine Quarkkugel zu braten
Sächsische Quarkkeulchen meint jeder zu kennen, einige bilden sich gar ein, sie könnten sie zubereiten. Jedes sächsische Restaurant, das etwas auf sich hält, bietet sie an, sogar im Supermarkt an der Ecke gibt’s Pulverisierte zum Einweichen und Backen – quasi Kosmonautenkeulchen.
Wer nun selbst Hand anlegen will und Mutters oder Großmutters Kochbuch konsultiert, wird feststellen: Ein Objekt mit soo vielen Rezepturen! Ich fand drei wirklich unterschiedliche Rezepte innerhalb von sechs Zeilen. Als nicht ganz Unbedarfter denkt man dann: das kann doch nicht alles zum gleich leckeren Ergebnis führen, oder?! Das Verhältnis von Kartoffel zu Quark schwankt von 3:1 bis 1:2. Ganz zu schweigen von unterschiedlichen Mengen an Mehl, Eiern und Zucker!
Da hilft nix: Ich probiere mich durch und suche nach dem (für die Mehrheit der Anwesenden und vor allem für mich) leckersten Rezept für sächsische Quarkkeulchen!
Erster Schritt: Sich klar werden, wie sollen sie schmecken und welche Konsistenz sollen sie haben?
Das ist einfach! Ich liebe Quark, ich liebe süße, fettige Creme und ich liebe eine schön braune Kruste. Was ich überhaupt nicht gut finde an Quarkkeulchen, die man oft in Restaurants angeboten bekommt, ist deren porig-mehlig-teigig-feste Konsistenz, die eher an eine Flipflopsohle, als an eine süße Quarksahnetorte erinnert und deren Geschmack Meilen von Milch, Quark und Rosine entfernt ist.
Diese Gaststätten- und Supermarktrezeptur ist sicher den Abläufen in der Küche und auch dem minimalen Wareneinsatz geschuldet. Da wird der Teig sehr mehlig-fest eingestellt (viel Kartoffel, viel Mehl, wenig Quark), um den „Profi“-Köchen keine Problemchen beim Braten zu bescheren.
Nein! Gebratene Flipflops kommen mir nicht auf den Teller! Ich will süßen, cremig – kartoffligen Quark in einer braunen, knusprigen Hülle!
Zweiter Schritt: Testreihen über Testreihen…
Nach einigen Versuchen war das Grundrezept klar:
500g Magerquark + 350g Pellkartoffeln + 3 EL Mehl + 2 Eier + 4 EL Rosinen + 2 EL Zucker + Prise Salz.
Innen schön weich, süß, cremig und nach Quark schmeckend. Außen braun und knusprig. Genauso muss ein Quarkkeulchen schmecken!
Beim Braten glaubt man nicht, dass es gelingen könnte, diese quasi noch flüssigen Gebilde zu wenden, aber mit etwas Übung und Schwung klappt das. Man sollte nur die Keulchen nicht zu groß gemacht haben, damit das Wendewerkzeug nicht zu klein ist und die Brätlinge beim Wenden auseinanderbrechen. Nicht am Bratfett sparen!
Warnung: Ein Quarkkeulchen ist kein Steak!
Wer es wie ein solches auf höchster Stufe versucht zu braten, wird sein schwarzes Wunder erleben. Durch den hohen Quarkanteil wird es ziemlich schnell dunkel – also aufpassen mit der Herdtemperatur!
War’s das nun? Nein, nun kommt der dritte Schritt: die Feinabstimmung.
Alle bisher noch nicht behandelten Zutaten bzw. deren Vor- und Zubereitung sind nun nur noch die Kür – dachte ich.
Menschen, die mehr oder weniger ungewollt in meine Versuche einbezogen wurden, rieten u.a. zu in Rum eingelegten Rosinen und Zitronenabrieb. Selbst die Bratmethode und das dafür benutzte Fett wurden zum Gegenstand von Disputen.
Auf die Verwendung unterschiedlicher Quark-, Kartoffel- und Mehlsorten gehe ich zum Schluss ein.
Dass Rosinen in ein Quarkkeulchen gehören ist klar. Schmecken die Keulchen nun aber besser, wenn sich die trockenen Weinbeeren 24 Stunden lang mit braunem Rum vollgesaugt haben?
Abgeriebene Zitronenschale erzielt ja bekanntlich in einigen Gerichten eine überraschende Wirkung und verbreitert mit ihrer etwas bitteren Säure die Geschmacksbasis und sorgt für einen spritzigen Kick. Was würde sie im Quarkkeulchen bewirken?
Nach einer erneuten Testserie mit ansonsten identischem Teig kann ich folgendes festhalten:
Rum
Die in Rum eingelegten Rosinen werden sehr weich und sind im fertigen Quarkkeulchen kaum noch tast-/schmeckbar. Ein besonderer Rum- Geschmack ist den Probanden nicht aufgefallen. Dagegen sind die nicht weichgemachten Sultaninen beim Kauen noch etwas spür- und somit besser herausschmeckbar. Diese Definierbarkeit der Zutaten gefällt –zumindest mir. Den Rum können sie sich also sparen.
Zitronenschale
Hier fiel die Verkostung etwas überraschend aus. Der Zitronengeschmack war kaum herauszuschmecken (Schale einer halben BIO Zitrone pro angegebener Teigmenge) – zumindest nicht zu stark, jedoch bewirkt offenbar die Kombination aus Bitterkeit und Säure der Zitrusfrucht, dass die Keulchen weniger süß schmecken und der milchig-quarkige Geschmack fast verloren geht. Danach war es eine Wohltat wieder in ein Keulchen zu beißen, das ohne Zitronenabrieb gebraten wurde. Dieses schmeckt wirklich nach süßer Quarkcreme. Letztendlich sollte das jeder selbst entscheiden: mit/ohne Zitronenschale – ist eben Geschmackssache.
Eine Bemerkung zum Bratfett
Ich habe Butterschmalz und auch eine Kombination aus – in geschmacklosem Öl – ausgelassener Butter versucht. Beim visuellen Bratergebnis war kein Unterschied festzustellen – auch auf den Geschmack traf dies zu. Der einzige Unterschied sind die großen Blasen, die beim Braten mit der Buttermischung auftreten. Bei beiden Fettvarianten sollte man mit relativ geringer Temperatur arbeiten.
Sicher ist es überflüssig zu erwähnen, dass Olivenöl nichts in oder an Quarkkeulchen zu suchen hat. Auch anderes vermeintlich gutes, geschmacksintensives Öl kann einen geschmacksverfälschenden Einfluss auf die Keulchen haben.
Quark
Mein Ziel war ein Quarkkeulchenrezept, das jeder mit einfachsten Zutaten aus der Kaufhalle an der Ecke nachkochen kann. Wer nicht Magerquark (0,2 – 0,3 % Fettgehalt), sondern einen mit höherem Fettgehalt oder gar den Besten direkt vom Lieblings- Bauernhof verwenden will: sehr gern! Fett ist Geschmacksträger und kann das Ergebnis nur verbessern. Achten sollte man auf den Wassergehalt des Quarkes und somit die Konsistenz des Teiges – diese sollte unabhängig von den verwendeten Zutaten gleich eingestellt sein. Falls der Quark zu feucht ist – ausdrücken, falls er bzw. der Teig (durch stärker saugende Kartoffeln) zu trocken ist, geben Sie etwas Milch zu.
Arbeiten Sie bitte mit zimmerwarmen Zutaten! Quark direkt aus dem Kühlschrank, zumal der mit höherem Fettgehalt, ist fester, als der 22°C warme und läuft dann beim Braten breiter als gewünscht.
Kartoffeln
Ob festkochende oder mehligkochende Kartoffeln besser sind, habe ich nicht getestet. Ich denke aber, dass z.B. nasse Frühkartoffeln einen Einfluss auf den Teig haben könnten. Bio – Kartoffeln sind natürlich den mit Chemie vollgepumpten vorzuziehen.
Mehl
An Mehl habe ich ganz einfaches 405-er benutzt. Ob backstärkere oder Vollkornmehle eine Verbesserung bringen, kann ich nicht sagen. Das Mehl hat in den Keulchen eine reine Klebefunktion, es soll keinesfalls vorschmecken. Auch angesichts der verwendeten Menge ist der Einfluss auf den Geschmack eher vernachlässigbar.
Sollte man bei der Zubereitung nicht in großer Eile sein, kann man noch eine kleine Vervollkommnung erreichen, indem man den fertigen Teig für 30 Minuten bei Zimmertemperatur ruhen lässt. In dieser Zeit saugen sich alle Zutaten gleichmäßig mit Feuchtigkeit voll und der Teig wird homogener.
Vierter Testschritt
Noch weitergehende Tests zum verwendeten Salz, dem Spülmittel, in dem die Rührschüssel abgewaschen wurde oder gar zum Zahnungsgrad der – die Keulchen zerteilenden – Messerschneide, haben wir aus Zeitgründen nicht durchgeführt. Diesen nicht zu unterschätzenden Testschritt kann der interessierte Leser gern selbst ausführen und uns berichten! 😉
Letzter Schritt: Quarkkeulchen genießen (wieder ernst)
Nach dem Braten werden die Quarkkeulchen mit Zucker bestreut und bis alle fertig sind, nebeneinander auf einem Backblech in der Röhre bei 80-90° warmgehalten. Dieser Aufenthalt in der Backröhre dient auch dem Garziehen des Inneren der Keulchen. Wer ein Quarkkeulchen direkt aus der Pfanne mit einem vergleicht, das 10 oder 15 Minuten im warmen Rohr verbracht hat, wird feststellen, dass das Innere nun einen Hauch fester, aber immer noch schön cremig ist.
Zu den Keulchen passen roh eingekochte Apfelstücke, Apfelmus oder irgendein anderes Obst. Vanilleeis ist auch ein sehr gern gesehener Begleiter auf dem Teller…
Nun denn: Gutes Gelingen und schmecken lassen!
Geheimtipp: Wie entstehen nun die besten Quarkkeulchen?
Übrig gebliebene, bereits mit Zucker bestreute Keulchen lassen sich nach einem Kühlschrankaufenthalt in Butter sehr einfach noch einmal braten. Dabei auf der bezuckerten Seite beginnen und im Tiegel auch die andere Seite mit etwas Zucker bestreuen. Dadurch entsteht außen eine karamellisierte Knusperkruste und das Innere ist immer noch etwas cremig und schmeckt noch besser, als am ersten Tag. Auf diese Art lassen sich Quarkkeulchen also auch vorbereiten und dann erst bei Bedarf fertig braten. Diese Zwiebackkeulchen sind immer noch 10-mal besser, als die mit festeren mehlig-kartoffligen Rezepturen.
Rezept für Sächsische Quarkkeulchen: außen knusprig, innen quarkig – cremig
Zutaten
Ergibt 12 Keulchen: für 2-3 Portionen Hauptmahlzeit oder 4-6 Desserts
500 g Magerquark
350 g festkochende Kartoffeln (ca. 420 g Pellkartoffeln am Vortag gekocht)
2 Eier
4 EL Sultaninen
3 EL Mehl Type 405 (75g)
2 EL Zucker
Prise Salz
Butterschmalz oder Öl + Butter zum Braten
Zubereitung
An Vortag bzw. einige Stunden vor der Keulchenbraterei die Kartoffeln mit Schale kochen, abschrecken und schälen (420g Kartoffeln mit Schale ergeben ca. 350g geschälte Pellkartoffeln), gut auskühlen lassen.
Die Teigkonsistenz muss cremig-zäh sein. Sollte der Quark zu viel Flüssigkeit enthalten – abgießen und etwas ausdrücken. Sollte die ganze Sache zu trocken / fest sein, mit etwas Milch cremiger einstellen.
Kartoffeln reiben und mit Quark, Eiern, Rosinen und allen anderen Zutaten gut mit dem Rührgerät vermengen.
In Tiegel Fett erhitzen (bei mittlerer Temperatur beginnen) und mit einem Esslöffel den Teig hineingeben und ganz wenig breitdrücken (1,5 cm hoch). Zwischen den Keulchen Platz für das Wendewerkzeug lassen.
Hitze je nach Art der Pfanne langsam reduzieren (teilweise bis runter auf Stufe 1,5 von 9), sodass die Keulchen nicht zu schnell zu braun werden. Nicht an Fett sparen.
Bei gewünschtem Bräunungsgrad sehr vorsichtig wenden.
Fertige Keulchen mit etwas Zucker bestreuen und in der Röhre auf dem Backblech nebeneinander bei 80-90°C warmhalten – und gleichzeitig garziehen lassen, bis alle fertig gebraten sind.
Mit Apfelstücken, Apfelmus oder anderem Kompott servieren.
Schmeckt auch aufgewärmt (in Butter kurz gebraten) oder kalt.
Rezept herunterladen
Ein nicht ganz ernst gemeintes Post Skriptum
Wer nun –wie in vielen Kommentaren unter diversen Internet-Rezepten- sagt: „Ein super Rezept! Mein Mann mag keinen Quark, habe stattdessen Hackfleisch genommen – hatte ich gerade noch da. Die Quarkkeulchen waren trotzdem super!“, dem/der sei zugerufen: „Du HIRSCH! Du hast alles andere, als Quarkkeulchen gebraten! Also echt, eh!“
Sorry, das musste mal sein… Lach… 😉
Sächsische Quarkkeulchen in Restaurants in Dresden und Umgebung essen
In einer Übersicht von Restaurants mit regionaler, sächsischer Küche in Dresden haben wir neben dem Angebot von Sächsischem und Dresdner Sauerbraten auch erfasst, ob dort Sächsische Quarkkeulchen und Kartoffelsuppe angeboten werden (Spalte Anmerkung/sonst. Angebot). Ob die Keulchen dort zu unserer Geschmacksnorm passen, haben wir nicht untersucht.
Hier geht’s zur Übersicht: Quarkkeulchen in Dresdner Restaurants