Rezept: Sächsischer Sauerbraten
Viele Schmorversuche zum leckersten Sächsischen Sauerbraten
Sauerbraten existiert seit Urzeiten im deutschsprachigen Raum. Das „Echte“ oder ursprüngliche Rezept gibt es nicht.
In seiner Entstehungszeit wurde mehr Pferdefleisch verarbeitet, als heutzutage. Diese würzig-süß-saure Zubereitungsart passt gut zu dem speziellen Charakter des Pferdefleischs. Rindfleisch hat ob seiner Verfügbarkeit und seines eingängigeren Geschmacks das Pferd heute fast völlig aus dem Kochtopf verdrängt. Nur im Rheinland und ab und zu in Dresden findet man noch Pferdesauerbraten.
Jede Region und teilweise jede Familie hat ihr eigenes Sauerbratenrezept entwickelt und weitergegeben. Weiter unten habe ich ein paar regionale Sauerbraten- Eigenheiten gesammelt.
Bei Sauerbraten ist es ähnlich wie bei Rechtsanwälten: Frag drei kochen-könnende Sachsen nach dem Rezept für Sächsischen Sauerbraten und du wirst drei verschiedene Rezepte erhalten – alle echt Sächsisch.
Der Sauerbratentraum: würzig-aromatisch, saftig, butterzart
Was ist nötig, um diesen Traum wahr werden zu lassen?
Ich habe einige Probanden über Wochen immer wieder mit neuen Fleisch- und Zubereitungsvarianten „gequält“, um das beste Sauerbraten- Rezept im Raum Dresden zu finden. Dazu gab es immer Vogtländische Grüne Klöße und Rotkraut.
Wenn man einige Tipps und Tricks beachtet, ist ein Sauerbraten nicht schwer zuzubereiten und gelingt sicher. Was allerdings der Erzfeind eines guten, selbst gemachten Sauerbratens ist, ist zu wenig Zeit/ Geduld.
Versauen lässt sich der Genuss des eigenen Sauerbratens aber trotzdem ganz leicht: Durch Verwendung von Industrie-Rotkraut und Tütenklößen.
Selbst gemachtes Rotkraut ist kein Hexenwerk. Hier gibt es Rezepte für 4 Rotkraut-Varianten von klassisch mit Speck und Apfel über Honig-Sonnenblume, Orange-Ingwer-Mandel bis hin zu Nutella-Haselnuss-Pflaume.
Sächsischer Sauerbraten: Welches Fleisch? Welches Marinaden- Rezept?
Nachdem ich in den sauersten Ecken des Internets und in Kochbüchern der Familie Erfahrungen aufgesogen hatte, die andere mit Sächsischem / Dresdner Sauerbraten (oder hier, hier) gemacht haben, kristallisierten sich einige Eckpunkte für ein Sächsisches und ein Dresdner Sauerbratenrezept heraus. Zwei wesentliche Unterschiede zu vielen Sauerbraten-Internetrezepten sind z.B. das Weglassen von Gemüse, um den Fleischgeschmack nicht zu verwässern und das Marinieren ohne Salz um keine Flüssigkeit aus dem Fleisch zu ziehen. Außerdem kommt natürlich im Raum Dresden als Soßenkuchen nur die Pulsnitzer Variante in Betracht.
Während Ungeduldige erheblich mehr Essig verwenden und das Rindfleisch nur für 1-2 Tage einlegen, finde ich eine geringere Säuredosierung und dafür eine längere Reifezeit besser. Erstere Version ist eher ein Rinderbraten mit saurer Hülle.
Nach den zwei Marinaden- Rezepten habe ich dann verschiedene Fleischstücke eine Woche lang eingesäuert und anschließend geschmort. In einer ersten Verkostung legten freiwillige Probanden fest, welche Marinade (Sächsisch/Dresdner) und welches Fleisch (Rind/Pferd) eingehender untersucht werden sollte. Ergebnis war die Variante Sächsischer Sauerbraten aus Rindfleisch.
In den zwei folgenden Testessen gab es dann unterschiedliche Rindfleischstücke zu kosten. Ziel war ein weiches, saftiges und aromatisches Stück Sächsischer Sauerbraten. Das Resultat dieses „anstrengenden“ Prozesses finden Sie unten: Rezept Sächsischer Sauerbraten.
Getestete Fleischstücke
- Pferdebraten (unbekanntes Teilstück)
- falsches Filet vom deutschen Rind
- falsches Filet vom irischen Jungbullen
- Hohe Rippe / Hals vom deutschen Rind
- falsches Filet von der Färse
Marinaden (für je 1,2 kg Fleisch)
- kein Salz, kein Gemüse / Zwiebeln in der Marinade
- Dresdner Sauerbraten: 1 l Buttermilch, 2 Lorbeerblätter, ½ TL Wacholder zerdrückt, ½ TL Pfefferkörner, ½ TL Pimentkörner, 2 Nelken
- Sächsischer Sauerbraten: 2 Lorbeerblätter, ½ TL Wacholder zerdrückt, ½ TL Pfefferkörner ganz, ½ TL Pimentkörner ganz, 2 Nelken, 8 EL Essig, 500-1000 ml Wasser
Fleischbehandlung
- pur
- mit fettem Speck gespickt
Garzeiten
- 2,75 – 3 h in großem Topf auf Kochplatte geschmort
- 5,5-6 h in großem Topf auf Kochplatte geschmort
Erfahrungen aus dem Sauerbraten-Schmor-Test
- Die Mindestzeit beim Marinieren sollte eine Woche nicht unterschreiten. Sonst ist es einfach nur Rinderbraten. Nach 3 Wochen ist der Geschmack etwas intensiver und tiefer ins Fleisch eingezogen. Weicher wird das Fleisch durch die längere Marinierzeit nicht.
- Spicken können Sie sich sparen. Das Fleisch wird dadurch nicht saftiger.
- Bei langer Schmorzeit (5-6 h) wird das Fleisch zwar etwas weicher, aber auch sehr trocken und die Fleischmenge nimmt (durch Anhängen am Topfboden/ abkochen) ab. Dafür erhält man sehr viel äußerst leckere Sauce.
- Man glaubt es nicht, aber bei der Dresdner Variante (nur in Buttermilch eingelegt) vermag es die Buttermilch tatsächlich, das Fleisch zu säuern und weißlich zu färben. Es schmeckt kaum weniger sauer, als das in Essigwasser marinierte. Allerdings brennt der Braten durch frühzeitige Zugabe der Buttermilch-Marinade viel schneller an und kocht über. Vielleicht hilft es, erst am Ende der Garzeit mit der Buttermilchmarinade den Geschmack abzurunden. Diese Dresdner Buttermilch- Variante wurde in der Testerrunde jedoch abgewählt und somit nicht weiter verfolgt.
- Die Saucenbindung erfolgt bei allen Varianten nur durch den mitgeschmorten Soßenkuchen.
- Weder Gemüse, Suppengrün noch Rotwein gehört in Sächsischen / Dresdner Sauerbraten.
- Ein großer Topf (5 l) für ein 1,2 kg Fleischstück ist genau richtig. Sollten Sie den Topf gerade so passend für das Fleischstück wählen, entsteht weniger leckere Sauce. Sie benötigen zwar beim Schmoren im großen Topf mehr Flüssigkeit, die am Ende reduziert werden muss, aber die Menge und Qualität der Sauce ist es wert.
- Was ich nicht getestet habe: Zubereitung im Ofen. Warum? Dabei verdampft zu wenig Flüssigkeit und es schmort nicht richtig, was zu weniger kräftiger Sauce führt (könnte aber bei der Buttermilchvariante eine Lösung sein). Noch extremer: Die Sauerbratenzubereitung im Schnellkochtopf. Ich kann mir bei bestem Willen nicht vorstellen, wie da irgendein Schmorbratengeschmack entstehen soll…
Geheimtipp für butterzartes, saftiges Fleisch
Wenn man fertig gebratenen Sauerbraten etwas auskühlen lässt (lässt sich kühl besser schneiden) und dünn (7 mm) aufgeschnitten in der Sauce über Nacht im Kühlschrank aufbewahrt, ist er beim Aufwärmen am nächsten Tag wunderbar weich und saftig – erheblich besser, als frisch vom Stück abgeschnitten.
Welches sind die am besten geeigneten Rind- Fleischstücke für Sauerbraten?
Allgemein sollte man kein Fleischstück mit weniger als 1200 g in einen Sauerbraten verwandeln. Das lohnt sich sonst nicht (schrumpft beim Braten, trocknet aus).
Optimalerweise sollte ein Sauerbraten saftig sein und auf der Zunge zerfallen. Saftigkeit rührt vom enthaltenen Fett her. Weichheit hängt von der Faserlänge und der Garzeit ab.
Fleischteile mit relativ wenig Fett- und Bindegewebsanteil (falsches Filet) werden trockener, als z.B. Hals/hohe Rippe mit hohem Fettanteil.
Falsches Filet ist generell gut geeignet. Da es eine längliche Form hat und seine Fasern in eine Richtung laufen, kann es gut aufgeschnitten werden – ein Grund, dass dieses Stück fast immer in Restaurants verwendet wird. Einige Köche lassen sogar die äußere weiße Hülle beim Schmoren dran. Diese wandelt sich beim Braten in eine weiche Gallert-Schicht um.
Erste Wahl beim falschen Filet ist das der Färse, gefolgt vom Jungbullen. Das vom ausgewachsenen Rind ist kaum weich zu bekommen.
Färse: 2 bis 3 Jahre altes weibliches Rind, das noch nicht gekalbt hat. Das Fleisch ist langsam gewachsen, das Falsche Filet ist kleiner als das vom gleichaltrigen Jungbullen, ist Fett-marmoriert, feinfasrig, zart und saftig.
Jungbulle: Bis zu 2 Jahre altes männliches, nicht kastriertes Rind. Wächst schnell, lagert kaum Fett im Muskelfleisch ein. Noch zart, aber trocken (kaum Marmorierung).
Hohe Rippe / Hals enthält viel Fett, ist saftig, gart schnell und zerfällt auf der Zunge. Dagegen ist falsches Filet regelrecht fest. Jedoch mag nicht jeder das Gallertartige im Inneren (geliertes Bindegewebe/Fett).
Pferdefleisch
Mein Pferdebraten wurde in der Essigwasser- Marinade sehr weich und mürbe. Er sog die Marinade auf, wie ein Schwamm. Dadurch brauchte er erheblich länger beim Anbraten, als das Rindfleisch.
Trotz identischer Marinade, Garzeit und Würzung musste ich die Pferdesauerbratensauce mit Buttermilch verlängern/ abmildern, da doch ein mir zu intensiver Geschmack entstanden war. Ich weiß nicht, welchen Teil des Tiers ich gebraten habe, aber der Braten war ziemlich fest und geschmacklich liegt mir Rind eher. Aber vielleicht ist das nur reine Kopfsache…
Weitere gut geeignete Rindfleisch- Stücke sind
- Schaufelbug: oft für Sauerbraten verwendet; typisch durch die beim Braten in Gelee verwandelte mittige Sehne
- Dicker Bug: geringerer Fettgehalt als Schaufelbug, keine Sehne, auch für Sauerbraten geeignet
- Fehlrippe (zwischen Hochrippe und Nacken): zarte Fleischfaserung, gleichmäßig mit Fett durchzogen
Rezept Sächsischer Sauerbraten
Zutaten (ca. 3-4 Portionen)
Marinade
2 Lorbeerblätter
½ TL zerdrückte Wacholderbeeren
2 Gewürznelken
½ TL Pfefferkörner (schwarz, ganz)
½ TL Körner Piment (ganz)
8 EL Essig 5 %
500 ml Wasser (so dass das Fleisch fast bedeckt ist)
1,2 kg Rindfleisch (Falsches Filet von der Färse)
1 Packung Pulsnitzer Soßenkuchen (2 Stück=100 g)
½ – 1 EL Zucker
Salz, Pfeffer, Essig
Butterschmalz oder fetter Speck (5 mm Würfel) zum Anbraten
Zubereitung Sächsischer Sauerbraten
Fleisch parieren, in passendes verschließbares Gefäß / Ziplock-Tüte (kein Metall) geben. Lorbeerblätter, Wacholder, Nelken, Pfeffer- und Pimentkörner, Essig und Wasser mischen und zu dem Rindfleisch geben und Gefäß verschließen. Das Fleisch muss fast bedeckt sein.
Fleisch aller 12 Stunden wenden und 7 Tage (3 Wochen für intensiveren Geschmack) im Kühlschrank marinieren lassen.
Fleisch aus der Marinade nehmen, gut trockentupfen und ringsum mit 2 TL Salz einreiben.
In einem großen Topf in Butterschmalz oder Speck auf höchster Stufe ringsum braun anbraten.
Mit ¼ bis ⅓ der Marinade ablöschen und wieder verkochen und anhängen lassen. Danach immer wieder einen Teil des Suds zugießen bis er verbraucht ist.
Nun mit kochendem Wasser so weit auffüllen, dass sich ¾ des Fleisches in der Flüssigkeit befinden.
Soßenkuchen in die Flüssigkeit brocken.
Auf geringer Hitze mit angekipptem Deckel köcheln lassen.
Den Braten aller 20 Minuten wenden. Bratensatz losrühren. Verkochtes Wasser ersetzen.
Je nach Fleischqualität benötigt der Braten insgesamt 2,5 – 3,5 h zum Garen.
Wenn das Fleisch gar ist, herausnehmen, warmstellen und die Bratensauce bereiten:
Flüssigkeit durch ein relativ grobes Sieb (Nudelsieb) passieren, um die Gewürzkörner zu entfernen. Falls nötig mit kochendem Wasser nachspülen, damit Soßenkuchen, Fleischstückchen und Saucenreste nicht mit den Gewürzen entsorgt werden.
Den Saucenansatz zurück in den großen Topf geben und die Flüssigkeitsmenge auf großer Flamme auf das benötigte Maß reduzieren. Mit Salz, Pfeffer, Essig und Zucker abschmecken.
Zum Sächsischen Sauerbraten schmecken Grüne oder Kartoffelklöße und selbst gemachtes Apfel-Rotkraut.
Fleisch- und Saucenreste lassen sich auch gut mit Makkaroni verwerten.
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Übersicht von Gaststätten mit regionaler, Sächsischer Küche + Verkostung Sauerbraten
Dresdner, Rheinischer, Fränkischer, Badischer Sauerbraten?! Das sind einige Unterschiede:
Dresdner Sauerbraten: In (saurer) Buttermilch + Gewürzen mariniert, Rosinen, Pulsnitzer Soßenkuchen, ab und zu aus Pferdefleisch
Rheinischer Sauerbraten: Süße von Rosinen, Zuckerrübensirup, Apfelkraut und/oder Beerengelee, Aachener Printen anstatt Pfefferkuchen, oft aus Pferdefleisch, Rotwein/Rotweinessig
Kölscher Sauerbraten: Essig+ Wasser, nur Rübenkraut + Stärke, keine Printen, kein Brot, kein Saucenkuchen, keine Rosinen
Fränkischer Sauerbraten: Abgesehen vom Soßenkuchen keine süßen Zutaten wie Rosinen, kein Essig sondern Rotwein, mit Tomatenmark, gebunden mit Sahne oder Crème fraîche und dadurch heller.
Badischer Sauerbraten: weniger süß, eher säuerlich, keine Rosinen oder Gelees, Lebkuchengewürz, Knoblauch, angedickt mit Mehl, trockener Rotwein – kein Essig, die Farbe der Sauce ist daher dunkler. Dazu werden Spätzle und Rotkohl gereicht.
Westfälischer Sauerbraten: Pumpernickel anstatt Soßenkuchen.